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Die Miranda Sensorex gehört - wie die Topcon Super D - zu den "vergessenen Klassikern". Das Gehäuse ist überaus massiv gebaut, mit Wechselsucher und Offenblende-TTL-Messung ausgestattet und kaum totzukriegen. An der Kamera die erste, achtlinsige (!) und fast symmetrisch gebaute Version des 1:1.5 f=50mm Auto Miranda Objektivs.

 

Die spätere Miranda wurde als Orion Precision Products (später Orion Camera Co) um 1947 von Ogihara Akira gegründet. Zunächst wurden Spiegelkästen für die Schraubleica und die Contax gebaut ("Mirex"). Insidern ist diese Produktionsperiode auch bekannt wegen der Konstuktion eines Adapters, mit dem man die anerkanntermassen guten Contax-Sonnare an die Schraubleica adaptieren konnte.

Ähnlich wie Mamiya und Asahi ("Pentax") war die Orion Camera Co. früh in die Entwicklung von Kleinbild-Spiegelreflexvameras involviert. Bis zum Ausscheiden des Gründers aus der Firmenleitung (1969) entwickelte die inzwischen Miranda gennante Firma eine Reihe von hochwertigen SLRs, die allesamt Wechselsucher hatten und gegenüber Produkten von Nikon, Minolta, Zeiss und Asahi/Pentax als durchaus konkurrenzfähig galten. Allerdings baute Miranda nie eigene Objektive, sondern gab sie bei andern Firmen - anfänglich Zunow, später Soligor und andere - in Auftrag. Als Höhepunkt erschien 1971 die Sensorex EE, eine einäugige SLR mit Wechselsucher, umschaltbarer Spot-/Intergralmessung und Blendenautomatik. Ihre Zeiten wurden aber vollmechanisch gebildet, und deshalb konnte sie auch ohne Batteristrom betrieben werden.

Nach Ausscheiden des Gründers - auf Drängen der neuen, jüdisch-amerikanischen Eigner - versuchte man sich in der Produktion von einfachen Kameras für den Massenmarkt, ohne aber wirklich zu reussieren. Die Sensorex EE wurde noch bis 1977 produziert, und ein Jahr später war Miranda Geschichte.

 

*  1953 erste SLR-Prototypen
*  1955 erste produzierte SLR Orion T, später Miranda T; mit Zunow 50mm 1:1.9 Schraubobjekiv
*  1960 Automex SLR mit Wechselsobjektiven und grosser Selenium-Zelle vor dem Sucher; Wechselsucher und Belichtungsmessung bei Offenblende
*  1967 Sensorex mit CdS-Zelle im Spiegel und TTL-Messung bei Offenblende
*  1971 Sensorex EE mit Blendenautomatik, Wechselsucher, mechanischem Verschluss sowie umschaltbarer Spot-/Integralmessung => Top-Systemkamera wie Minolta XM, Nikon F2 und Canon F-1

 

GEHÄUSE

Das Gehäuse der Sensorex wurde in Chrom und in Schwarz geliefert; die Qualität der Verchromung verbesserte sich im Verlauf der Zeit deutlich. Es existieren sieben Versionen der Sensorex, die sich aber nur in Details unterscheiden (chrom oder schwarz, Spot- vs. Integralmessung, abnehmbare oder feste Rückwand).

Auf der Gehäuse-Oberseite finden sich - gross und prominent - der Wechselsucher, links davon der Rückspulknopf und darum herum ein Drehring für das Ein- und Ausschalten der Stromversorgung. Ein weiterer Schalter am Rückspulknopf ermöglich die Wahl zwischen X- und FP-Blitzsynchronisation. Ganz in der Nähe des Rückspulknopfes befindet sich auch das Batteriefach, das mit einer 1.5V Quecksilber-Batterie bestückt werden musste (Mallory PX 675, Eveready EPX 675 oder ähnlich).

Auf der Kamera-Oberseite findet sich überdies ein grosses Kontrollfenster für die Anzahl belichteter Bilder, das deutlich besser ablesbar ist als die meisten Anzeigen der Konkurrenz. Direkt daneben haben wir ein weiteres kleines Fenster, das bei aufgezogenem Verschluss rot ist (= "schussbereit") , sonst aber weiss. Auf der Achse des Schellspann-Hebels für den Filmtransport befindet sich auch das Einstellrad für die Belichtungszeiten (1 s - 1/1000 s und B) sowie die Einstellung für die Filmempfindlichkeit (ASA 25 ... 1600). Vorne an der Kamera findet sich ein Einstellrad für die Objektiv-Lichtstärke, dann der Auslöser und darunter der Selbstauslöser. Ein Hebel, der aus zwei Teilen (kamera- und objektivseitig) besteht und der beim Ansetzen der Objektive manuell gekuppelt werden muss, dient zum Einstellen der Blende. Am Objektiv selbst befindet sich ein Abblendhebel.

Auf der Kamera-Unterseite findet sich einzig der Rückpulknopf und das Stativgewinde; ein Motor war nicht vorgesehen.

 

BELICHTUNGSMESSUNG

Bei der Einführung der Innenmessung ("TTL") ging Miranda einen anderen Weg als Minolta. Während bei Minolta die Offenblende-Messung nur mit den 1967 neu eingeführten MC-Objektiven funktionierte, setzte man bei Miranda auf Kontinuität: Objektivseitig wurde nichts geändert. Deswegen musste man allerdings kameraseitig ein zusätzliches Einstellrad einfügen, mit dem nach jedem Objektivwechsel manuell die höchste Lichtstärke eingegeben werden musste (im Prinzip ähnlich dem "Ritsch-Ratsch" bei Nikon). Minoltas Lösung der vollautomatischen Kupplung war definitiv eleganter und zukunftsweisender ...

Schaltet man das Mess-System ein, so schlägt die Nadel je nach Lichtmenge mehr oder weniger weit nach oben aus. Die Messkelle - die mit der Nadel zur Deckung gebracht werden muss - verändert ihre Position durch Anpassen von Blende und Zeit.

Der Kopplungshebel für das Übertragen der Blende auf das Mess-System der Kamera ist im Prinzip analog der MC-Kopplung von Minolta konstruiert. Allerdings ist das System von Miranda älter (und Minolta dürfte die Schwächen der Miranda-Kopplung genau studiert haben, bevor man die eigene, damals unübertroffene MC-Kopplung entwickelte). Es muss nach dem Ansetzen des Objektives von Hand gekuppelt werden, und es überträgt die absolute Blende - also nicht die relative Abblendung, wie das Minolta-MC-System; die absolute Blende wurde bei Minolta erst mit dem eletronischen AF-Bajonett auslesbar!

 

 

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Links: das Eingabe-Rad für die Lichtstärke des gerade verwendeten Objektives.
Rechts: Die Oberseite der Miranda Sensorex ist klar strukturiert. Der grosse Wechselsucher - hier der Prismensucher - dominiert das Erscheinungsbild.

 

 

SUCHER

Die Sensorex gehörte bei ihrer Einführung 1967 ganz sicher zur Oberklasse der SLRs. Nur gerade zwei Konkurrenten boten wie die Sensorex gleichzeitig Wechselsucher und TTL-Belichtungsmessung bei Offenblende, nämlich die Nikon F und die Topcon Super D. Da die Belichtungsmessung der Sensorex im Gehäuse eingebaut war (und nicht im Sucher wie bei der Nikon F oder der späteren Minolta XM!), funktionierte die TTL-Messung mit allen Suchern - auch mit Lichtschacht- und Lupensuchern. Das war gerade für wissenschaftlcihe Anwendungen ein einzigartiger Vorteil, und so baute Miranda auch mehrere Spezialgehäuse für Astronomie und Wissenschaft.

Das etwas merkwürdige Aussehen der Sucherpartie mit einem unechten, quasi "vorgetäuschten" Selen-Element an der Front des Prismensuchers rührt daher, dass die Vorgänger-Serie (Miranda Automex) an dieser Stelle tatsächlich ein Selen-Element hatte und man die Kompatibilität zu den Wechselsuchern der Automex erhalten wollte.

Frühe Sensorex-Gehäuse haben eine Spotmessung, spätere Varianten eine Integralmessung. Die CdS-Messzelle ist direkt im Spiegel eingebaut, der im Messbereich teildurchlässig gestaltet ist (gut sichtbar anhand des Linienmusters auf dem Spiegel) - man konnte ja nicht wie bei der Minolta SR-T oder der Nikkormat die Messzellen am Sucherprisma befestigen, da man für alle Wechselsucher eine TTL-Messung haben wollte.

Die Mattscheibe der Sensorex ist fest eingebaut. Sie ist - üblich für die Zeit - mit Fresnellinsen und einem zentralen Mikroprismenfeld ausgestattet.

 

SPIEGEL & VERSCHLUSS

Der Verschluss - wie bei den meisten damaligen Kameras ein Tuch-Schlitzverschluss - hat einen Zeitenbereich von 1 s - 1/1000s und B. Er läuft relativ leise ab; dazu trägt sicher auch der recht kleine Spiegel bei. Das Verschlussgeräusch ist zackig und kurz, deutlich leiser und zudem auch kürzer als das der SR-T.

 

WECHSELSUCHER

Zur Miranda Sensorex waren vier Wechselsucher erhältlich: Ein Lichstchachtsucher mit ausklappbarer Lupe (VF-1), der hier gezeigte Prismensucher (VF-2), ein Vergrösserungssucher mit 5x und 15x Vergrösserung (VF-3) sowie ein Spezial-Lichtschachtsucher für Astronomie und Wissenschaft (VF-4). Wie bereits gesagt funktionierte die Offenblende-Innenmessung mit all diesen Suchern!

 

OBJEKTIVE

Die Sensorex hat zwei Objektiv-Anschlüsse: Einerseits das ältere Miranda-Schraubgewinde (44 mm), andererseits das neuere Miranda-Aussenbajonett. Dadurch ist die Kompatibilität mit den älteren Miranda Schraubgewinde-Objektiven aus den 1950er Jahren sichergestellt. Beide genannten Anschlüsse haben ein sehr geringes Auflagemass von nur 41.5 mm, was die Adaption zahlreicher Objektive ermöglichte. Das Miranda-Bajonett blieb übrigens im Prinzip bei allen Miranda-Kameras gleich, wurde aber (ähnlich wie bei Minolta und Nikon) durch zusätzliche Steuerelemente immer wieder modifiziert. Da das Miranda-Bajonett ein ungewöhnlich kleines Auflagemass hat, konnte man das Innenbajonett nicht direkt als M42 gestalten. Allerdings war ein Kupplungsring erhältlich, mit dem die zahlreichen und teils hochwertigen M42-Objektive zugänglich wurden.

Miranda fertigte nie selber Objektive. Diesbezüglich unterscheidet sich die Firma von den meisten japanischen Kamera-Herstellern, die in der Regel zumindest einen Teil der Objektive selbst fertigten (eigenes Glas hingegen stellten nur Minolta und Nikon her). Miranda stattete die ersten SLRs mit Objektiven von Zunow aus, später folgten zahlreiche andere Hersteller. Die Objektivreihe - obwohl für die Zeit sicher nicht schlecht - dürfte aber auch ein Schwachpunkt des Miranda-Systems gewesen sein. Es gab zwar einige durchaus interessante Konstruktionen (so war erste 1.4/50mm ein achtlinsiger, fast symmetrischer Doppel-Gauss), aber alles in allem fehlte es an aussergewöhnlichen Objektiven. Interessantes Detail am Rande: Das Auto Miranda 2.8/25 mm hat praktisch denselben Linsen-Querschnitt wie das damalige Zeiss Distagon 2.8/25 mm. Ob es eine offizielle Kooperation mit Zeiss gab (wie zwischen Pentax und Zeiss im Falle der Pentax/Zeiss Objektive 3.5/15 mm und 2/28 mm), ist mir nicht bekannt.

 

 


QUELLEN / LINKS

mirandacamera.com: Startseite und Sensorex-Seite

Frank Mechelhoff: Miranda SLRs

Contax RF => Leica 39mm Adapter von Orion Precision Products

Camerapedia