Zwischen 1985 und 1988, gleich zu Beginn des AF-Zeitalters,stellte Minolta eine Reihe von 27 bemerkenswerten AF-Optiken vor, die teils nach wie vor in leicht überarbeiteter Form für Sony produziert werden. Eine der besten Rechnungen war das AF 4-4.5/28-135 mm. Es hat bereits bei Offenblende eine sehr gute Detailauflösung bei allerdings niedrigem Mikrokontrast – die 16-linsige Konstruktion würde von modernen Vergütungen sicher profitieren.

Durch Abblenden auf f5.6 steigen Kontrast und Auflösung nochmals beträchtlich an, gerade in den Ecken. Das Minolta AF 4-4.5/28-135 mm gefällt bei f8 oder f11 durch eine gleichmässige, extrem hohe Detailauflösung über das gesamte Bildfeld, die praktisch frei von chromatischen Aberrationen ist. Abblenden hebt den bei offener Blende recht flauen Kontrast auf sehr gute Werte an. Keines der beiden lichtstärkeren Sony-Zooms (ZA 2.8/24-70 mm und AL 2.8/70-200 mm G) kann bei dieser Leistung mithalten.

Im Bereich zwischen 50 mm und 100 mm Brennweite gehört die Optik zum Schärfsten, was es im α-System gibt. Da zugleich der Kontrast nicht überbordet, ist die gesamte Bildwiedergabe gerade bei kontrastreichem Licht sehr ausgewogen. Die Vergleichsaufnahmen von der Piazza dei Miracoli in Pisa (S. 52/53) sprechen für sich. Aufgrund der aufwendigen Bauweise (16 Linsen) und der alten Vergütungen neigt das Objektiv recht stark zu Reflexen und Überstrahlungen. Eine adäquate Gegenlichtblende ist nicht lieferbar (ich behelfe mir mit einer variablen Gummisonnenblendemit 72 mm Gewinde). Zu allem Überfluss lässt sich das 28–135 mm nur bis 1.5 m fokussieren. Bei 135 mm Brennweite war das 1985 halbwegs vertretbar – heute ist diese Naheinstellgrenze nicht mehr zeitgemäss.

Die Vignettierung ist bei Offenblende sichtbar, tritt aber nicht allzu störend in Erscheinung. Abblenden reduziert sie auf unbedeutende Werte. Koma ist bei Offenblende deutlich sichtbar; bei Nachtaufnahmen mit starken Lichtquellen im Bild empfiehlt sich ein Abblenden um eine Stufe auf f6.3. Durch die 7-eckige Blendenform entstehen dann wunderschöne, sternförmige Lichter mit 14 Strahlen – ein Effekt, der sich bei heutigen Sony-Objektiven wegen der weitgehend runden Blendenform erst bei starker Abblendung einstellt.

Das AF 4-4.5/28-135 mm ist aus der Sicht des Landschafts- und Architekturfotografen nach wie vor das leistungsstärkste Universalzoom im Alpha-System. Für Reportagen und available light ist das Zeiss ZA 2.8/2470 mm (siehe FotoSeite 60/61 sowie Text Seite 63) aufgrund seiner Lichtstärke, der wesentlich besseren Offenblendleistung, der Naheinstellgrenze und der besseren Vergütungen aber klar im Vorteil.

Auch wenn das AF 4-4.5/28–135 mm sicher kein Leichtgewicht ist, liegt es etwas angenehmer in der Hand als das noch schwerere Zeiss ZA 2.8/24–70 mm. Obwohl die komplexen Zoom-Führungen des 28–135 mm komplett aus Metall gefräst sind, können Abnutzungen entstehen. Auch gegen Fallschäden ist das AF 28–135 mm trotz Metallbauweise sehr empfindlich: Der Zoom-Mechanismus besteht aus drei mit hoher Präzision ineinander verbauten Metalltuben, die durch relativ leichte seitliche Schläge irreparabel geschädigt werden können. Zudem können die AF-Führungen abgenutzt sein; dies führt zu einer reversiblen Dezentrierung der Fokussier-Gruppe und damit zu wechselhaften Leistungen. Beim allfälligen Erwerb eines gebrauchten AF 4–4.5/28–135 mm ist entsprechend Vorsicht geboten.

 

Baujahre Minolta ab 1985
Linsen/Glieder 16/15
Länge/Durchmesser 109 / 75 mm
Gewicht 750 g
Naheinstellgrenze 1.5 m (0.09x), Makromodus 0.25 m (0.25x)
Filter 72 mm
Patent JP 1985-039613
Bauweise hochwertige Metallfassung