Die Minolta SR-1, hier in der Variante von ca. 1962 mit rundem Sucherokular und aufsteckbarem, gekoppeltem Belichtungsmesser. An der Kamera das Auto Rokkor-PF 55 mm 1:1.8, ein Sechslinser mit lanthan-haltigen Sondergläsern. Rechts daneben das Auto Rokkor-HG 35 mm 1:2.8 und das Auto Rokkor-PF 135 mm 1.2.8.
Alle diese Objektive hatten bereits eine vollautomatische Springblende, aber noch keine MC-Kupplung. Die hier gezeigte Ausrüstung fand sich 2010 im Estrich einer Zürcher Familie; der Grossvater hatte die Geräte direkt aus Japan mitgebracht.
VORGESCHICHTE: FRÜHE KLEINBILD-SPIEGELREFLEXKAMERAS (SLRs)
Nachdem Leitz 1925 mit der Leica das Kleinbild-Format salonfähig gemacht hatte, folgte Igahee 1936 mit der ersten Kleinbild-Spiegelreflexkamera. Die "Kine Exakta" konnte sich aber - trotz Vorteilen bei der Bildgestaltung - gegenüber den Messuscher-Kameras nicht durchsetzen: Man musste von oben in den Sucherschacht schauen, das Mattscheibenbild war seitenverkehrt und überaus dunkel - speziell nach dem Schliessen der Blende. Zudem blieb der Sucher nach dem Auslösen der Kamera schwarz, weil der Spiegel erst beim Transportieren des Films in die Ausgangsstellung zurückklappte ...
Sukzessive wurden die Schwachstellen ausgemerzt. 1939 bot die "Praktiflex" einen Rückschwing-Spiegel. 1949 führte Zeiss an der "Contax S" das Pentaprisma ein; fortan war das Sucherbild aufrecht stehend und seitenrichtig! 1953 brachte Leitz das Schnellwechsel-Bajonett und den Schnellspannhebel. 1957 rollte Asahi mit der "Pentax" (=Pentaprisma-Contax) den Markt auf: Bis auf das Bajonett hatte die "Pentax" alle Merkmale einer modernen SLR. Der Absatz von Messucherkameras begann zu stocken.
1958 schaffte es der heute nur noch Insidern bekannte Hersteller Zunow, eine ambitionierte SLR vorzustellen, die zusätzlich mit Bajonett und Wechselsucher ausgestattet war. Im gleichen Jahr präsentierte Minolta mit der SR-2 eine vergleichbare SLR, die allerdings keinen Wechselsucher hatte. 1959 zog Nikon mit der legendären "Nikon F" und Canon mit der "Canonflex" nach. Die "Nikon F" dominierte aufgrund ihres Wechselsuchers und des Motoranschlusses bald den professionellen Markt.
Die wichtien Kameras der Minolta-SR-Linie (vlnr): Minolta SR-2 von 1958 (ca 20'000 Einheiten gebaut), dann eine Minolta SR-1 aus der zweiten Serie (erste Serie ab 1959, zweite Serie mit ansteckbarem Belichtungsmesser ab 1961; total ca. 1'160'000 Einheiten). In der Mitte mit aufgesetzem Belichtungsmesser die Minolta SR-3 (1960, total ca. 180'000 Einheiten).
Rechts des Auto Rokkors-PF 2.8/135mm die beiden Haupt-Versionen der Minolta SR-7, zunächst die frühe SR-7 (1962) mit rundem Okular-Einbllick und klassischem Gehäuse-Oberteil à la SR-2, dann ganz rechts die "neue" SR-7 on 1965 mit rechteckigem Okular-Einblick und modifiziertem Gehäuse-Oberteil. Von den verschiedenen SR-7-Varianten wurden ca. 700'000 Einheiten gebaut. Eine gleichartige "neue SR-1" ersetzte ab 1965 auch die klassische SR-1.
Hier nicht abgebildet die SR-1s (ab 1967), die konstruktiv auf der SR-T101 aufbaut, aber ohne TTL-Belichtungsmesser und ohne eingespiegelte Verschlusszeiten auskommen muss.
DIE MINOLTA SR-REIHE: SR-2, SR-1, SR-3, UND SR-7
Minoltas erste Spiegelreflex - die SR-2 von 1958 - bot von Beginn weg einen Rückschwingspiegel, ein fest eingebautes Pentaprisma und eine (halb-)automatische Springblende (damals absolut keine Sebstverständlichkeit): Das manuelle Abblenden mit entsprechend dunklem Sucherbild erübrigte sich. Als erster der grossen japanischer Hersteller setzte Minolta auf das zukunftsweisende Wechselbajonett. Die Mattscheibe der SR-2 war ungewöhnlich hell. Wichtig für eine zügige Arbeit war auch der Schnelltransport-Hebel (Zeiss Jena bevorzugte nach wie vor auf das umständliche Filmtransport-Rad) und die geometrisch abgestufte Reihe der Verschlusszeiten (1/1000 s - 1 s plus B), die alle bequem an ein und demselben Rad eingestellt werden konnten - auch das damals keine Selbstverständlichkeit.
Der Tuch-Schlitzverschluss war ungewöhnlich robust konstruiert. X- und FP-Blitzsynchronisation, ansetzbarer Zubehörschuh, Selbstauslöser und - bei späteren Modellen - auch Spiegelvorauslösung rundeten die umfangreiche technische Ausstattung der SR-Serie ab. Last but not least gab die SR-2 mit ihrem zukunftsweisenden Design vor, wie von nun an eine Kleinbild-SLR auszusehen hatte.
Die professionelle SR-2 und die leicht abgespeckte SR-1 (1959) waren vollmechanische Kameras ohne Batterien oder Belichtungsmesser. Weil Nikon für die Nikon F bald einen ebenso unförmigen wie nützlichen Sucher mit eingebauter Belichtungsmessung bot, sah sich Minolta gezwungen, zumindest einen externen, mit dem Verschlusszeitenrad gekoppelten Belichtungsmesser zu liefern: Die SR-3 war geboren. Wenig später folgte eine Weltpremiere: Die SR-7 war die erste SLR mit voll integriertem CdS-Belichtungsmesser; die Lichtmessung erfolgte aber nach wie vor nicht durchs Objektiv.
Mit 250 US$ war die SR-2 um 1960 recht teuer. Alle Kameras der SR-Serie sind in Europa deutlich seltener anzutreffen als als die SR-T, da Minolta erst mit dem Erscheinen der SR-T-Serie einen eigenen Europa-Vertrieb auf die Beine stellte. Die Kameras der SR-Serie sind meist silbern verchromt. Schwarz lackierte Exemplare sind selten oder - im Falle der SR-2 - praktisch kaum auffindbar.