Am Kleinbild steht die Brennweite von 100mm einerseits für bildfüllende Portraits, andrerseits für Landschaftsaufnahmen mit leicht verdichteter Perspektive. Obwohl Leitz mit dem Berg-Elmar 6.3/10.5cm bereits Anfang der 1930er Jahre diese Brennweite im Programm hatte, war doch Nikon mit dem legendären Nikkor 2.5/105 mm ab 1950 der eigentliche Wegbereiter des 100er Objektivs. Das ursprüngliche 2.5/105mm von Nikon basierte auf den Sonnaren Ludwig Berteles, die damals als die besten Kleinbildobjektive galten.

Minolta baute ab 1963 ein heute sehr gesuchtes und mechanisch etwas anfälliges MC 2/100 mm, das ab 1969 durch ein neu gerechnetes MC 2.5/100 mm abgelöst wurde. Obwohl das Objektiv wenig spektakuläre Eckdaten hatte, wurde das MC/MD 2.5/100 mm in ständig modifizierter Form bis zum Ende des SR-Systems angeboten. Zu Beginn des AF-Zeitalters bot Minolta ab 1987 dann für kurze Zeit wieder ein 2/100mm an: Die exzellente Leistung des AF 2/100 mm ist bestens dokumentiert.  

Seit rund 25 Jahren sind die 100 mm Brennweite aber auch zunehmend zur "Standardbrennweite für Makro-Aufnahmen" geworden. Hier hatte Minolta zweimal entscheidenden Einfluss - zunächst war es die Firma Minolta, die 1970 als erste der grossen Hersteller ein Makro mit verdoppelter Standard-Brennweite ankündigte. Andere grosse Hersteller folgten erst viele Jahre später. Das Minolta MC 3.5/100mm Macro war als vereinfachtes Planar mit fünf Linsen sehr ähnlich wie das Zeiss Planar 2.8/80 mm aufgebaut. Eine Neurechnung mit leicht verminderter Lichtstärke - das MD 4/100mm Macro - folgte ca. 1979. Kurze Zeit später legte Leitz das APO Macro Elmarit 2.8/100mm vor. Dieses Objektiv setzte neue Standards und galt bald als Vorreiter einer neuen Generation von Leica-Objektiven.

Minolta verfolgte zweifellos sehr genau, was der frühere Kooperations-Partner entwickelte - und für die erste AF-Objektivserie legte man alsbald ein Objektiv vor, das mir ähnlichen Leistungsdaten aufwarten konnte: das Minolta AF 2.8/100mm Macro. Auch dieses Objektiv war ein Wegbereiter: das erste seiner Art mit Autofokus, stufenloser Scharfeinstellung bis zum Massstab 1:1 sowie double floating focusing.

Als Vergleich haben wir zu guter Letzt noch zwei der populärtsen Telezooms der 1980er Jahre mit getestet: Das Minolta 4/70-210mm und das von Kiron gefertigte Vivitar 3.8/85-205mm.

 

 

Minolta 100mm f25 MC-II

Das Minolta MC 2.5/100mm ist der längerbrennweitige Zwilling des MC 1.7/85mm: Günstiger in der Anschaffung, eine Blende lichtschwächer und - bei identischen Blenden - eher etwas schärfer als das lichtstärkere Pendant.

 

 

 

Minolta 100mm f25 MC-X

Das Minolta MC 2.5/100mm in der Variante mit Gumminoppen, die ab 1973 zusammen mit der neuen Profikamera Minolta XM ausgeliefert wurde.

 

 

 

Minolta 100mm f25 MD-II

Das Minolta MD 2.5/100 mm - optisch leicht überarbeitet mit nur noch fünf (statt sechs) Linsen folgt dem Trend der Zeit: Kleiner und leichter! Dass v. a. bei Offenblende die Abbildungsleistung nochmals sichtbar gesteigert werden konnte, wird sicherlich niemanden stören ...

 

 

 

Minolta 100mm f35 Macro MC-X

Das Minolta MC 3.5/100 mm Macro hat - wie schon sein kleinerer Bruder, das MC/MD 3.5/50mm Macro, bei Offenblende im Unendlich-Bereich sichtbare Schwächen. Obwohl das Objektiv praktisch frei von CAs ist (auch das ein Hinweis, dass man sich an Zeiss-Konstruktionen anlehnte), zeigen sich im Bildfeld sichtbare Unschärfen, die erst bei starkem Abblenden allmählich verschwinden. Das Objektiv, das wohl auf Abbildungsmasstäbe im Bereich zwischen 1:5 und 1:2 optimiert ist, operiert hier offensichtlich nicht im idealen Bereich. Dass die Minolta-Makro-Objektive auch im Unendlich-Bereich generell besser seien als die "normalen" Festbrennweiten, ist schlicht eine Fehlinformation. 

 

 

 

Minolta 100mm f4 Macro MD-III

Rund 10 Jahre später: Das neue MD 4/100mm, ebenfalls ein auf dem Planar aufbauender Fünflinser, bringt im Unendlich-Bereich eine deutliche Verbesserung der Leistungen. Das Sucherbild hingegen war - zumindest bei SLRs - im Makrobereich bereits recht dunkel; beim Massstab 1:1 sinkt die effektive Lichtstärke ja auf 1:8 ab. Im Makro-Bereich kann deswegen die Arbeit mit elektronischen Suchern gewisse Vorteile bringen.

 

 

 

Minolta AF 100mm f28 Macro

Das Minolta AF 2.8/100mm mit gegenüber dem Vorgänger verdoppelter Lichtstärke hat bei identischer Blende eine nochmals leicht gesteigerte Abbildungsleistung. Speziell um f5.6 herum kann das Objektiv mit einer Auflösung aufwarten, die auch vom 16 MP Sensor der NEX-5N (entspricht 36 MP am Vollformat) nicht voll genutzt wird.

 

 

 

Vivitar 85-205mm f38 at 100mm

Seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre in grossen Stückzahlen gebaut, gehört dieses Objektiv zu den meistverkauften Tele-Zooms. Die hier getestete Variante, vom respektierten japanischen Hersteller Kino Precision Optics (Kiron) für Vivitar gebaut, wurde in zeitgenössischen Tests als eines der besseren Zooms gepriesen - an der NEX zeigen sich jedoch deutliche Schwächen. Obwohl wir im mittleren Brennweitenbereich operieren und obwohl nur der zentrale (beste) Teil des Bildkreises genutzt wird, wirkt das Bild bei Offenblende überaus flau und arm an Details. Die volle Öffnung kann damit getrost als "Renommierblende" betrachtet werden, denn man muss auf f5.6 abblenden, um eine brauchbare Abbildung zu bekommen. Erst um f11 herum erzielt das Vivitar-Zoom seine beste Abbildungsleistung, kommt aber nicht an die Schärfe und Detailauflösung der Festbrennweiten heran. Mechanisch überaus solide und edel gebaut, kann das Vivitar-Zoom optisch nicht mithalten.

Die Abbildung des Vivitar-Zooms (oben links) habe ich übrigens aus dem Net "abgestaubt", weil ich offenbar vergass, das Vivitar 3.8/85-205mm vor dem Weiterverkauf abzulichten. Man möge mir dies nachsehen.    

 

 

 

Minolta 70-210mm f4 at 100mm

Zu guter letzt eines der wohl bekanntesten Objektive von Minolta: Das 4/70-210 mm wurde für das SR-System (MD 4/70-210mm), mit Leica-R-Fassung (Vario-Elmar 4/70-210 mm) und schlussendlich mit Minolta-AF-Fassung (AF 4/70-210 mm)gebaut. Alle diese Objektive hatten einen guten, aber nicht herausragenden Ruf. Überraschenderweise zeigt sich nun, dass die 70-210er (ebenso wie die späteren Versionen des MD 3.5/35-70 mm, das MD 3.5/24-35 mm und das MD 4/24-50 mm) im mittleren Brennweitenbereich durchaus mit Festbrennweiten mithalten können. Dies wurde von zeitgenössischen Autoren wie Josef Scheibel, Axel Brück / Harald Mante und Hans Kanne ja immer wieder betont - dennoch galten Zooms in der allgemeinen Wertung als minderwertig. Der schlechte Ruf der Fremdhersteller-Zooms (im allgemeinen durchaus gerechtfertigt) färbte somit auf die entsprechenden Minolta-Objektive ab, ohne dass dies gerechtfertigt gewesen wäre.