Das Zeiss ZA 2.8/16–35 mm dürfte – nebst dem vielfach preisgekrönten SonyAL 4-5.6/70-400 mm G – das momentan interessanteste Zoom im System sein. Enorme Detailauflösung bei Offenblende und weitgehende Reflexfreiheit prädestinieren es für Reportagen auf engem und engstem Raum. Abgeblendet ist die Schärfe über das ganze Bildfeld perfekt, und damit ist das Objektiv auch für den Landschafts- und Architekturfotografen fast ein Muss.
Superweitwinkel-Zooms werden in der Regel vorwiegend am kurzen Ende genutzt. Viele Mitbewerber, darunter auch die beiden älteren 17-35mm-Zooms von Minolta, haben ihren Leistungspeak im mittleren Brennweitenbereich um 24 mm; oft zeigen die Ecken bei kürzeren Brennweiten einen deutlichen Leistungsabfall. Das ZA 2.8/16–35 mm ist auf beste Leistung bereits bei 16 mm ausgelegt. Vorbildlich ist das Zeiss zudem in punkto Reflexfreiheit und Überstrahlungen (siehe Abbildungen oben und auf denSeiten 32/33).
Das Zeiss-Zoom ist gross, massig und fühlt sich trotz teilweisem Einsatz von hochwertigen Kunststoffen sehr wertig an. Benutzt man das ZA 2.8/16–35 mm freihändig, so empfiehlt es sich, die α900mit dem Vertical Grip und einer Handschlaufe auszustatten. Weil das ZA 2.8/16–35 mm beim Zoomen seine Länge nicht verändert, liegt es besser in der Hand als das ZA 2.8/24–70 mm. Zudem läuft der Zoomring deutlich sanfter. Die Fokussierbarkeit ist – manuell oder per Autofokus – exzellent; dank Ultraschallmotoren (SSM) kann man ohne Umschalten jederzeit in den Fokussiervorgang eingreifen. Durch die hohe Anfangsöffnung hatte ich auch nie Probleme mit der AF-Präzision. Ganz kritische Anwender werden den Autofokusmittels Micro AF so abstimmen, dass entweder eine maximale Zentrumsschärfe oder aber eine ausgewogene Schärfe über einen möglichst weiten Bildbereich resultiert.
Im Bildzentrum ist die Detailauflösung und der Mikrokontrast bei allen Brennweiten absolut hervorragend – und dies auch bei voller Öffnung. Abblenden über f5.6 hinaus beeinträchtigt durch Beugung bereits die Zentrums-Schärfe; dies ist ein Indiz, wie hoch korrigiert das System ist. Am kurzen Ende hat das Objektiv eine leichte, wellenförmige Bildfeldwölbung; die Detailschärfe bleibt aber über das ganze Bildfeld weitgehend erhalten. Ab 20 mm verstärkt sich die Bildfeldwölbung zunehmend, was bei grossen Öffnungen (f2.8 ... f4.5) und flächigen Motiven zu einem sichtbaren Randabfall führt. Es sei aber betont, dass das Objektiv in typischen Reportage-Situationen absolut offenblend-tauglich ist. Für beste Eckschärfe bei flächigen Motiven sollte man auf f5.6 (Bereich 20–24mm) oder gar f8 (Bereich 28–35 mm) abblenden.
Interessant ist, dass das Objektiv selbst in seinem schwächsten Bereich – bei 35 mm Brennweite – bei f11eine Bildqualität erreicht, die auf dem Niveau der besten entsprechenden Festbrennweite im System liegt; bei grossen Blendenöffnungen ist das Minolta AF2/35 mm aber deutlich besser. Die Verzeichung ist im Unendlichen recht gut korrigiert; im Bereich um 24 mm ist die Optik praktisch verzeichnungsfrei. Man sollte sich nicht von gelegentlich im Internet publizierten überhöhten Testwerten irritieren lassen; diese gelten nur für sehr kurze Arbeitsabstände (ca. 0.5 m). Das Zeiss ist bezüglich Verzeichnung auf dem Niveau des ebenfalls sehr gut korrigierten AF 3.5/17–35 mm G, aber eindeutig besser als die beiden Objektive AF 2.8/20 mm und AF 2.8–4/17–35 mm D.
Leichte chromatische Aberrationen sind bei 16 mm Brennweite sichtbar, gegen 35 mm hin verschwinden sie vollständig. Die CAs sind somit auf dem Level der beiden Vorgänger-Objektive, und in der Regel nicht störend. Bei kritischen Motiven mit starken Kontrasten gewinnt das Bild allerdings, wenn man die CAs herausrechnet. Die Randabdunkelung ist für ein derart weitwinkliges System gut kontrolliert; die Minolta-Objektive AF 2.8/20 mm und 2.8/24 mm vignettieren beide deutlich stärker.
Die Anmutung der Hintergrund-Unschärfe (Bokeh) ist für ein Superweitwinkel mit mehreren Asphären ungewöhnlich gut. Bei 16 mm Brennweite und offener Blende ist das Bokeh cremig, ohne störende Kringel oder Scheibchen zu zeigen.
Anfang 2009 konnte ich in Florenz zwei Tage lang mit einem frühen Exemplar systematisch Testaufnahmen machen. Als Vergleich dienten die beiden Minolta-Zooms AF 3.5/17–35 mm G und AF 2.8–4/17–35 mm D sowie die Festbrennweite Minolta AF 2.8/20 mm. Etwas überspitzt formuliert konnte man nach den beiden Tage sagen, dass das Zeiss bei f2.8 eine ähnliche Bildqualität bot wie das AF3.5/17–35 mm G bei f5.6 und wie das AF 2.8–4/17–35 mm bei f11.
Inzwischen habe ich über ein Jahr lang mit dem Objektiv gearbeitet. Dank seiner relativ geringen Verzeichnung und der geringen Streulichtanfälligkeit hat das Zeiss-Zoom bei mir sowohl das AF 2.8/20 mm als auch das AF 3.5/17–35mm G weitgehend ersetzt. Einzig, wenn es auf geringes Gewicht und unauffällige Grösse ankommt, greife ich nach wie vor zum AF 2.8/20 mm.
Baujahre Sony/Zeiss ab 2009
Linsen/Glieder 17/13
Länge/Durchmesser 114/83 mm
Gewicht 900 g
Naheinstellgrenze 0.28 m (0.24x)
Filter 77 mm
Bauweise hochwertige Metall-Kunststoff-Fassung
Fokussierung Innenfokussierung, SSM