Bereits in den 1970er-Jahren fertigte Minolta für das SR-Bajonett ein exotisch konstruiertes MD 2.8/40-80 mm, das heute eine seltene Rarität ist. Im AF-System beschränkte man sich zunächst auf ein lichtstarkes AF 2.8/80-200 mm Apo-Telezoom und deckte den Standardbereich mit dem weit gespannten und exzellenten AF 4–4.5/28–135 mm ab. Ab 1993 war dann als Ersatz für das AF 4-4.5/28–135 mm wieder ein lichtstarkes Standardzoom im Angebot, das zur exklusiven G-Serie gehörte und bezüglich Bauqualität neue Standards setzte.Eine Variante mit SSM-Motor wurde zwar 2003 auf einer japanischen Ausstellung als Prototyp gezeigt, aber nie produziert.

Das AF 2.8/28-70 mm G hat einen ganz anderen Charakter als sein Vorgänger AF 4-4.5/28-135 mm. Die Optik ist wesentlich lichtstärker, hat einen limitierten Zoombereich und ist mit grossen, blank gepressten asphärischen Linsenelementen ausgestattet. Die ganze Fassung ist vollständig aus Metall gebaut und strahlt jene edle Präzision aus, die für alle G-Objektive der 1990er Jahre charakteristisch ist. Vom Design her passt das Objektiv hervorragend zur α900 – die hochwertigen Beschichtungen sehen identisch aus und wurden wohl mit denselben Verfahren aufgebracht. Das AF 2.8/28–70 mm G ändert beim Zoomen seine Länge nicht; es wirkt deswegen deutlich weniger kopflastig als das Sony Zeiss ZA 2.8/24–70 mm.

Sowohl Fokus- als auch Zoomring laufen seidenweich und präzise. Der Autofokus ist an der α900 recht schnell; an älteren Kameramodellen aus den 1980er-Jahren ist er hingegen allzu lahm. Die Naheinstellgrenze von 0.85 m ist brauchbar und wesentlich besser als beim Vorgänger AF4–4.5/28–135 mm (1.5 m), aber nicht so gut wie bei den beiden Nachfolgern Minolta (Sony) AF 2.8/28–75mm und Zeiss ZA 2.8/24–70 mm (0.34 m).

Die Detailauflösung des AF 2.8/28–70mm G ist zwar sehr gut, ist aber im Zentrum nicht ganz auf dem exzellenten Niveau des Zeiss ZA 2.8/24–70 mm. In den Ecken hingegen ist das ältere 28–70mm G dem Zeiss ebenbürtig. Die chromatischen Aberrationen sind exzellent korrigiert, bei 70mm Brenweite sogar sichtbar besser als beim neueren Zeiss. Dafür ist die Neigung zu Geisterbildern und Überstrahlungen beim älteren Minolta 28-70 G deutlich ausgeprägter – ein nicht zu unterschätzender Nachteil, wenn man bei available light fotografiert. Die Verzeichnung ist bei 28 mm mässig wellen- bis tonnnenförmig und bei 70 mm mässig kissenförmig. Sowohl Stärke wie auch Form der Verzeichnung sind praktisch identisch mit den späteren f2.8-Standardzooms von Minolta und Sony/Zeiss.

Die Vignettierung ist einzig bei 28 mm und Offenblende deutlich sichtbar (aber nicht störend); bei allen andern Blenden- und Brennweitenkombinationen ist sie unkritisch. Die späteren, vergleichbaren Zooms im System zeigen praktisch identisches Verhalten. In typischen Porträtsituationen, aber auch bei 28 mm und Offenblende ist das Bokeh fast perfekt. Es kann aber bei 28mm durch leichtes Abblenden recht unruhigwerden. Das gilt bei 70 mm auch für jene Situationen, in denen Objekt und Hintergrund in grösseren Distanzen sind und nahe beieinander liegen. Auch hier wieder zeigen die beiden andern lichtstarken Standard-Zooms im System ein ähnliches Verhalten.

Das G-Objektiv mit seiner ungewöhnlich hochwertigen Fassung scheint mir auch heute noch bestens geeignet für Porträt- und Reisefotografie. Für schnelle Reportagen sowie für Theater- und Konzertfotografie mit starkem Gegenlicht dürfte sich das Sony Zeiss ZA 2.8/24–70 mm aufgrund seiner exzellenten Vergütungen und des weit schnelleren Autofokus aber besser eignen.

 

Baujahre Minolta an 1993
Linsen/Glieder 16/11
Länge/Durchmesser 114/83 mm
Gewicht 850 g
Naheinstellgrenze 0.85 m (0.09x)
Filter 72 mm
Bauweise hochwertige Metallfassung
Fokussierung Innenfokussierung, Stangen-AF
Sonstiges Interne variabel positionierte Streulichtblenden